Die Work-Life-Balance Lüge
Unsere Vorfahren, die Jäger und Sammler, haben nie von einer Work-Life-Balance gesprochen.
Liegt das daran, dass unsere Arbeit nicht mehr direkt mit unserem Leben zusammenhängt, sondern nur noch mittelbare Wege nachzuvollziehen sind? Oder liegt es daran, dass uns eingeredet wurde, dass wir so etwas wie die Work-Life-Balance brauchen. Beispielsweise von der Werbeindustrie, im Dienste der Freizeit-Industrie? Oder benötigen wir tatsächlich so etwas wie eine Balance zwischen Arbeit und Freizeit?
Meiner Meinung nach ist das ein antiquiertes Bild aus dem Zeitalter der Industrialisierung. Wenn man 14 Stunden am Tag hart ackernd am Fließband steht, entsteht natürlich der Wunsch nach Freizeit und Nichts-Tun. Und genau das ist der Punkt. Nichts Tun. Ausruhen. Das tun wir doch gar nicht in unserer Freizeit. Wir suchen uns Hobbies, treffen uns mit vielen anderen Leuten. Wir haben keine Chance mehr uns auszuruhen, weil wir versuchen unserem Leben einen höheren Sinn zu geben. Oder wenigstens sagen zu können: “Dafür geh ich arbeiten. Um mir das leisten zu können.” Völlig bescheuert.
Wir versuchen einen in Sinn in ein Leben zu bringen, das wir damit verbringen zu arbeiten. Wir stressen uns selbst mit dem Gedanken, dass Arbeit ganz furchtbar ist und wir uns da nicht wohlfühlen sollten. Wir warten auf den Feierabend, lästern mit Kollegen über andere Kollegen, beschweren uns über Arbeitszeiten, Überstunden, Vorgesetzte blablabla.
Ist noch keinem die Idee gekommen, die Sache mal andersherum zu betrachten? Wir befüllen unsere Freizeit mit sinnfreien Aktivitäten die nirgendwohin führen. Dinge die wir tun, tun wir um sie getan zu haben. Freizeit ist zum Selbstzweck geworden, sie erfüllt keine tatsächliche Funktion mehr. Wir reden von Quality-Time und meinen eigentlich Quantity-Time.
Wir kritisieren Firmen dafür, dass sie mit allen Mitteln versuchen, ihre Mitarbeiter so lange wie möglich in der Firma zu behalten. Tischtennisplatten werden eingeführt, Kühlschränke voller Bier. Es wird versucht eine heimelige Atmosphäre in Firmen zu schaffen. Und was ist die Antwort der Arbeitnehmer? “Ich durchschaue dich, böser Firmenboss. Nett, dass du das machst, aber ich weiß ganz genau, dass du nur willst, dass ich mehr arbeite und mehr Zeit hier verbringe.” Ach was. Gut aufgepasst kleiner Arbeitnehmer. Natürlich will dein Boss das. Warum auch nicht? Schließlich bezahlt er dich dafür, dass du Zeit in seinem Haus verbringst.
Wenn wir anfangen würden, unsere Arbeit als “Quality-Time” zu betrachten, so wie wir das mit Tätigkeiten tun, die jeder geistig gesunde Mensch für völlig absurd erklären würde (z.B. Bungee-Jumping, Window-Colour etc.), könnten wir ein anderes Lebensgefühl entwickeln.
Wir könnten Leidenschaft entwickeln für das, was wir tun. Wir könnten anfangen zu akzeptieren, dass die Einteilung in Arbeit und Leben keinen Sinn ergibt, weil alles zum Leben gehört. Wir könnten glücklicher sein wenn wir arbeiten. Wir könnten glücklicher Leben.
Dieser Artikel erschien ursprünglich 2014 und wurde zur Verlinkung erneut hochgeladen.